.. „wenn aber nun kein Nachtkleid in dem Paket war, was war ihrer Meinung nach dann darin?“ …
„Es war ein Kimono darin“, sagte Deruga, „den mir einmal ein Patient aus China mitgebracht hatte, und den ich der Dame, die ich besuchte, leihen wollte.“
„… Besaß denn der Angeklagte einen chinesischen Kimono?“
„Chinesisches Zeug habe ich einmal gesehen“, sagte Fräulein Klinkhart. „Nebenbei kenne ich aber nicht alles, was der Doktor besitzt. Ich bin kein Spion.“
… „meinst Du, ich unterschätze Dein Kabinett, weil es in einem Seitengäßchen liegt und keine goldenen Spiegel und von denkenden Künstlern entworfene Stühle darin sind? Und wenn ich Kaiser von China würde, auf diesem schäbigen, aber bequemen Sessel, von deiner Meisterhand würde ich mich rasieren lassen. …“
„… Ich hatte den Eindruck, dass sie das Bedürfnis hatte, ihrem Leben einen Hintergrund von Schönheit und Besonderheit zu geben, soweit sie es versteht.“
Die Baronin zuckte ungeduldig die Schultern, und der Baron suchte das Gespräch in eine andere Bahn zu lenken, indem er sagte, ähnliche Züge fänden sich viel bei den leichtfertigen Frauen der meisten Völker, und allerlei aus Japan, China, Indien und anderen Ländern erzählte, die er bereist hatte.
Ricarda Huch: Der Fall Deruga (1917), Ullstein Verlag